Fragerecht des Arbeitgebers: Zulässige und unzulässige Fragen

Was bedeutet das Fragerecht des Arbeitgebers?

Das Fragerecht des Arbeitgebers bezieht sich auf die Fragen, die dieser im Rahmen eines Vorstellungsgesprächs oder während des Arbeitsverhältnisses an den Arbeitnehmer stellen darf. Dieses Recht soll dem Arbeitgeber ermöglichen, Informationen zu erhalten, die für die Auswahl eines geeigneten Bewerbers oder die Organisation des Arbeitsverhältnisses relevant sind. Allerdings ist das Fragerecht nicht uneingeschränkt – es muss immer ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers vorliegen, und die Fragen dürfen nicht in die Privatsphäre des Arbeitnehmers eingreifen.

Zulässige Fragen im Vorstellungsgespräch

Im Vorstellungsgespräch darf der Arbeitgeber Fragen stellen, die in direktem Zusammenhang mit dem zukünftigen Arbeitsverhältnis stehen. Diese Fragen sollen dem Arbeitgeber helfen, die Eignung, Qualifikation und Verfügbarkeit des Bewerbers zu prüfen. Beispiele für zulässige Fragen sind:

  • Berufliche Qualifikationen: Der Arbeitgeber darf nach Abschlüssen, Berufserfahrung und speziellen Qualifikationen fragen, die für die Stelle relevant sind.
  • Beruflicher Werdegang: Fragen zu früheren Arbeitsverhältnissen, Tätigkeiten und erworbenen Fähigkeiten sind erlaubt.
  • Verfügbarkeit: Fragen zu Arbeitszeiten, Schichtdienst oder der Bereitschaft zu Überstunden sind zulässig, wenn sie für die Position von Bedeutung sind.
  • Führungszeugnis: In bestimmten Berufen, z. B. in der Sicherheitsbranche oder im öffentlichen Dienst, kann ein Führungszeugnis verlangt werden.

Der Arbeitgeber darf diese Fragen stellen, da sie einen direkten Bezug zur Ausübung der angebotenen Tätigkeit haben und ihm helfen, die Eignung des Bewerbers einzuschätzen.

Unzulässige Fragen im Vorstellungsgespräch

Fragen, die in die Privatsphäre des Bewerbers eingreifen oder diskriminierend wirken, sind unzulässig. Auf solche Fragen muss der Bewerber keine wahrheitsgemäße Antwort geben und hat in manchen Fällen sogar ein „Recht zur Lüge“. Zu den unzulässigen Fragen gehören:

1. Fragen zur Schwangerschaft

Die Frage nach einer bestehenden oder geplanten Schwangerschaft ist grundsätzlich unzulässig. Der Arbeitgeber darf nicht danach fragen, ob eine Bewerberin schwanger ist oder in naher Zukunft plant, schwanger zu werden. Dies gilt auch dann, wenn die Schwangerschaft Auswirkungen auf die Arbeitsleistung haben könnte.

2. Fragen zur Religion, Weltanschauung oder politischen Einstellung

Fragen nach der religiösen Zugehörigkeit oder der politischen Einstellung sind in der Regel unzulässig, da sie keinen direkten Bezug zum Arbeitsverhältnis haben. Eine Ausnahme besteht, wenn die Tätigkeit in einem religiösen Umfeld oder bei einer politischen Organisation ausgeübt wird und die Zugehörigkeit eine wesentliche Anforderung für die Stelle darstellt.

3. Fragen nach der sexuellen Orientierung

Fragen zur sexuellen Orientierung sind unzulässig, da sie in keinerlei Zusammenhang mit der beruflichen Eignung oder der Tätigkeit stehen und die Privatsphäre des Bewerbers betreffen.

4. Fragen zur Vorstrafen

Vorstrafen dürfen nur dann abgefragt werden, wenn sie für die ausgeschriebene Stelle relevant sind. Beispielsweise ist es zulässig, bei einer Stelle im Finanzbereich nach Vorstrafen wegen Betrugs zu fragen. In anderen Fällen ist die Frage nach Vorstrafen jedoch unzulässig.

5. Fragen zur Gesundheit

Fragen nach dem Gesundheitszustand des Bewerbers sind nur zulässig, wenn sie in direktem Zusammenhang mit der zu besetzenden Stelle stehen, z. B. bei Berufen, die eine besondere körperliche Belastbarkeit erfordern. Allgemeine Fragen zur Gesundheit oder nach Vorerkrankungen sind jedoch unzulässig.

Fragerecht während des Arbeitsverhältnisses

Auch während eines bestehenden Arbeitsverhältnisses hat der Arbeitgeber das Recht, bestimmte Fragen zu stellen, um den Betriebsablauf zu gewährleisten oder um auf unvorhergesehene Umstände zu reagieren. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn es um geplante Urlaubszeiten oder um eine Erkrankung des Arbeitnehmers geht. Hier gilt jedoch ebenfalls, dass die Fragen sich auf das Arbeitsverhältnis beziehen müssen und die Privatsphäre des Arbeitnehmers respektiert werden muss.

Zulässige Fragen während des Arbeitsverhältnisses:

  • Erkrankung: Der Arbeitgeber darf nach der Dauer und den Auswirkungen einer Erkrankung fragen, nicht jedoch nach der genauen Diagnose.
  • Urlaubsplanung: Fragen zu geplanten Urlaubsterminen sind zulässig, um den Betriebsablauf zu organisieren.
  • Nebenbeschäftigungen: Der Arbeitgeber darf nach einer Nebentätigkeit fragen, insbesondere wenn diese in Konkurrenz zum Hauptarbeitsverhältnis steht.

Rechtliche Folgen unzulässiger Fragen

Wenn ein Arbeitgeber unzulässige Fragen stellt und der Arbeitnehmer oder Bewerber darauf mit einer „Notlüge“ reagiert, hat dies in der Regel keine negativen rechtlichen Folgen für den Arbeitnehmer. Der Arbeitgeber kann diese „Falschinformation“ nicht als Grund für eine Kündigung oder eine Anfechtung des Arbeitsvertrages verwenden. Wird eine unzulässige Frage jedoch wahrheitsgemäß beantwortet und führt dies zu einer Benachteiligung des Arbeitnehmers, kann dies rechtliche Konsequenzen für den Arbeitgeber haben, wie z. B. Schadensersatzforderungen oder Diskriminierungsklagen.

Zusammenfassung des Fragerechts des Arbeitgebers

Das Fragerecht des Arbeitgebers im Vorstellungsgespräch und während des Arbeitsverhältnisses ist klar durch gesetzliche Vorgaben und die Rechte des Arbeitnehmers eingeschränkt. Fragen müssen immer einen direkten Bezug zur Ausübung der Arbeit haben. Unzulässige Fragen, die in die Privatsphäre eingreifen oder diskriminierend wirken, sind nicht erlaubt und dürfen gegebenenfalls falsch beantwortet werden, ohne dass dem Arbeitnehmer rechtliche Nachteile drohen.

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